Freitag, 15. November 2019

Tag 5 - 9 Santa Marta + Lost City Track

Nach einer eher unruhigen Nacht müssen wir morgens den Rucksack packen und den Bus zum nächstgelegenen Flughafen in Bucaramanga nehmen. 2,5 Stunden mit 24 Leuten in einem Kleinbus, ach herrlich. Übrigens wer an einer etwas anderen Art des Adrenalinrausches interessiert ist, dem empfehle ich eine (Klein-)Busfahrt auf kolumbianische Art. Dort werden auf vollbefahrenden, einspurigen Serpentinstraßen die waghalsigsten Überholmanöver inkl. Vollbremsungen, Fahrradcrashs und zig "Beinahzusammenstöße" vorgenommen. Also wem das Leben mal wieder so richtig stinkt, 1. Reihe neben dem während der Fahrt noch pausenlos telefonierenden Fahrer geklemmt, Anschnallgurt (falls vorhanden) mal außer Acht lassen und ab geht die wilde Fahrt. ;-) Dagegen fahren selbst die Asiaten noch ruhig und beherrscht.



 Wir kamen pünktlich am Flughafen an und das einzige erwähnenswerte ist, dass der Flughafen am Zielort Santa Marta direkt am Strand liegt, so dass man aus dem Terminal gehen und direkt ins Wasser hüpfen kann. :-)



Leider hatten wir das nicht vor, sondern stattdessen zu einem sehr schäbigen Hostel zu fahren und nach kurzem Stadtbummel auch dort zu nächtigen. Ich bin ja schon nicht so sehr pingelig und schon einiges gewöhnt, aber wenn man auf das Gemeinschaftsbad geht, weil das eigene Badezimmer außer Funktion ist, und dort noch der Browny vom Vorgänger schwimmt, ist das schon grenzwertig. Zudem der Gestank, der Dreck, die stickige Luft und das ganze noch gepaart nächtlichem Lärm. Zusammengefasst, wir waren froh dass wir morgens um 8 Uhr zum Lost City Track abgeholt wurden. Auch wenn wir aufgrund des fehlenden Wassers (Dank Isas Verhandlungsgeschick) nur 6 EUR für die Nacht bezahlt hatten, war dieses Hostel trotzdem definitiv nicht zu empfehlen.

Ciudad Perdida (Lost City Track)

Tag 1 (15 km vorwiegend Bergauf)
Der Lost City Track bzw. El Camino Ciudad Perdida startete wie immer mit viel Papierkram und natürlich Rechnung bezahlen. Für die 4 Tage/3 Nächte muss man übrigens inkl. aller Gebühren, Unterkunft, Verpflegung, Guide, etc. knapp 300 EUR pro Person berappen. Deutlich günstiger als der letztjährige Inka-Trail zum Machu Picchu, aber auch kein Superschnapper.


Naja, unsere Wandergruppe bestand aus 12 Teilnehmern (3 Tschechen, 2 Australier, 1 Mexikaner, 2 Holländer, 1 Spanier, 2 Deutsche und 1 Franzose) und 2 Guides (1 Kolumbianer und 1 Venezualerin). Nach einer rund zweistündigen und zum Teil sehr holprigen Fahrt zum Startpunkt, ging es nach dem Lunch passend zur glühenden Mittagssonne los. Ich glaube nach 20 Min. konnte ich schon mein Shirt auswringen. Es war wirklich unglaublich heiß und der Schweiß floss in Strömen nur so den Körper herab. Nach knapp 2 Stunden Dauerschwitzen, zogen dann einige Wolken auf und es fing an leicht zu regnen. Die Wanderung selbst war eher unspektakulär aus meiner Sicht, ein bis zwei ganz nette Aussichtspunkte, aber das wars dann auch.



Nachdem wir glücklicherweise gerade im Camp angekommen waren, zeigte das Wetter mal was denn Regenzeit so bedeutet, und es goss wirklich wie aus Eimern. Die knapp 40 Leute, die nach uns ebenfalls im Camp ankamen, hatten etwas weniger Glück und waren komplett durchnässt. Tja, wer zu spät kommt... ;-) Im Camp gab es sogar Duschen, feste Betten und Elektrizität, also schon ziemlich luxuriös. Ach, und einige Papageien bzw. Aras schauten auch im Camp vorbei.




Nach einem leckeren Abendessen (gegrillter Red Snapper mit Reis) ging es dann um 19 Uhr ins Bett, aber das war ja eh unsere Zeit bisher, also Business as usual. ;-) Nur das Einschlafen war nicht ganz so einfach mit 45 Leuten unter einem Dach.




Zudem gab es einen der 3 Tschechen, der etwas übergewichtig war und scheinbar ein kleines Alkoholproblem hatte, da er morgens um 9 schon das erste Bier vor dem Start der Wanderung kippte und am Abend als einziger der 45 Leute sich noch 2-3 Bierchen genehmigte. Naja, und solche Leute neigen ja des öfteren zum Schnarchen und wer hatte das Glück sein direkter Bettnachbar zu sein, genau, ich. :-/ Also als dann morgens um 5 der Wecker klingelte hatte ich nicht wirklich viel geschlafen.

Tag 2 (19 km, vorwiegend Bergauf)
Die Wanderung startete pünktlich um 6 Uhr. Insgesamt mussten wir knapp 20 km zurücklegen, also schon sportlich.



Wir waren auf jeden Fall beide ziemlich erschöpft als wir gegen 15 Uhr an unserem Camp ankamen. Eine gute Abkühlung gab es beim eiskalten und kristallklaren Bergfluss, aber es war wirklich so kalt dass man es nicht viel länger als 10 Min aushalten konnte.



Nach der Dusche wurden die Betten zugeteilt. Nicht nur, dass wir zu wenig Betten für alle Leute im Camp hatten und Isa und ich deshalb uns die 80x180 Matraze teilen durften, natürlich wurde der dicke, schnarchende Alki-Tscheche direkt wieder über uns im Hochbett einquartiert. Maaaan!!! Aber die Nacht verlief doch noch besser als gedacht und als das große Aufstehen und Packen um kurz vor 5 startete, waren wir gut ausgeschlafen.

Tag 3 (15km Bergab)
Heute sollte es dann zum eigentlichen Zielort, der Ciudad Perdida gehen. Vom letzten Camp war es nur noch 1km Fußweg. Dieser bestand allerdings u.a. aus einer hüfthohen Flussüberquerung und ca. 600 steilen, unregelmäßigen und rutschigen Stufen.



Wir waren mit die erste Gruppe, die an diesem Morgen die Lost City betrat und konnten so einige schöne Fotos machen. Die Infos zur Geschichte und Tradition der Stätte war sehr interessant, hier ein kleiner Auszug: Die Bewohner lebten in der Stadt ca. 800 Jahre friedlich und aus Angst vor den spanischen "Conquistadores" gaben sie die Stadt auf, um noch tiefer und höher in die Berge der Sierra Nevada zu ziehen, wo die meisten nach einigen Jahren aufgrund von Krankheit und Nahrungsmangel starben. Die spanischen Eroberer sind allerdings niemals so tief in die Sierra Nevada vorgedrungen und so gerieht die Stadt in Vergessenheit und wurde von der Natur "zurück erobert". Erst um 1980 wurde die Stadt wiederentdeckt (von Goldsuchern) und nach einigen Jahren auch für Touristen freigegeben. Die ganze Gegend der Sierra Nevada und natürlich auch ihre Bewohner haben eine lange Historie im Zusammenhang mit dem Anbau von Drogen (erst Marijuana und später Kokain). Während der 80er und 90er Jahre war die Sierra Nevada das größte Koka-Anbaugebiet Kolumbiens, und somit wahrscheinlich auch das größte der Welt. Laut unserem Guide soll der Anbau allerdings seit 2012 komplett eingestellt worden sein, und viele würden ihr Geld jetzt auch im Tourismus verdienen. Ich persönlich bezweifle das, da die Farmer gut das 10-20 fache beim Koka-Anbau verdienen können als bei einer klassischen Bewirtschaftung der Flächen, aber naja keine Ahnung, wird wohl so sein. Seit einer sehr spektakulären Geiselnahme im Jahr 2003 bei dem 8 Touristen über 100 Tage festgehalten und damit die Regierung zur Freilassung von Rebellen gezwungen wurde, gibt es direkt in der Nähe der Lost City eine kleine Militärbasis. Deshalb nicht wundern, wenn bei dem ein oder anderen Foto schwer bewaffnete Militärs zu sehen sind. Zudem leben in der Sierra Nevada 4 verschiedene Indige Völker, über deren Kultur und Lebensweise wir ebenfalls sehr viel erfahren haben.






Nach ca. 2,5 Stunden Aufenthalt verließen wir die wirklich schöne Ciudad Perdida, die eingebettet in eine spektakuläre Landschaft ist, wieder und machten uns auf den Rückweg. Leider muss man bei der Tour genau den gleichen Weg, den man gekommen ist, auch wieder zurückwandern. Übrigens hatten wir an diesem Abend Glück und der Alki-Tscheche war einige Betten von uns entfernt. ;-)

Tag 4 (19 km, vorwiegend Bergab)
Nachdem das eigentliche Highlight ja schon gestern hinter uns lag, freuten sich heute alle nur noch darauf schnellstmöglich am Zielort anzukommen, um danach sofort weiter zu reisen. Unsere Gruppe war wie jeden Morgen um 5.50 Uhr startklar und gegen Mittag kamen wir völlig verdreckt, verschwitzt und erschöpft an. Aber schon ein wenig Stolz alles geschafft zu haben. Nach drei Tagen gab es darauf dann auch erstmalig wieder ein kühles Blondes. :-)


Nach dem abschließenden Mittagessen (zur Abwechslung mal Reis und Chicken) stand der Abschied bzw. die Weiterfahrt an.

Was übrigens während des Tracks (und auch in ganz Kolumbien) ein sehr großes Ärgernis ist, Moskitos! Ein durchschnittliches Bein eines Hikers hatte im Schnitt etwa 20-50 Moskitostiche trotz mehrmaligen Eincremen mit Anti-Brum, OFF und Co...





Fazit Lost City Track:
Die 4-Tageswanderung ist wirklich verdammt anstrengend. Es geht mitten durch den Dschungel rauf und runter bei wirklich sehr extremen Temperaturen. Ich glaube ich habe selten 4 Tage nacheinander so viel geschwitzt. Die Organisation, die Guides, die Camps, das Essen war alles soweit in Ordnung, aber sicherlich auch nicht überragend. Schon bei uns jetzt in der eigentlichen Nebensaison war der Track teilweise so voll, dass ich mich wirklich frage, wie das ganze in der Hauptsaison (Dez-Feb) laufen soll. Nicht umsonst wird wohl schon eifrig über eine Maximalanzahl pro Wanderern am Tag nachgedacht. Die Ciudad an sich ist sehr cool und liegt einfach malerisch umgeben von einer tollen Landschaft. Auf jeden Fall einiges an Mühen wert. Ein sehr großes Manko (auch wenn wir es natürlich vorher schon wussten) ist allerdings, dass man nach der Besichtigung der Ciudad Perdida, den gleichen Weg komplett zurück wandern muss. Das hemmt dann doch etwas die Wanderlust. Trotz alle dem ist der Track eine sehr coole Herausforderung mit einem schönen und interessanten Highlight.

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